2 Was ist Ovaldrehen

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2.1   Definition Ovaldrehen                                                   

 

Ovaldrehen ist das Drehen  eines Werkstückes  auf einer  Drehbank oder   Drehmaschine   mit   einem   Ovalwerk   oder   auf   einer Ovaldrehmaschine.  Gedreht  wird  mit  frei  von  Hand  geführten Drehwerkzeugen. Das gilt im Allgemeinen für  die Bearbeitung  von Holz wie beim normalen Drechseln. Bei harten Werkstoffen wie z.B. Knochen, Elfenbein  oder weichen  Steinen (Serpentin,  Alabaster, Speckstein) kann es erforderlich sein, das Drehwerkzeug in  einen Kreuzsupport  einzuspannen.  Als  Drehwerkzeuge  werden die  beim Holzdrechseln  üblichen    Röhren  und Schaber verwendet, teils  mit   speziellen  Schneidenformen.  Das Bearbeiten des Werkstückes mit rotierenden Fräsern oder Messern  soll nicht  als Ovaldrehen bezeichnet werden, sondern  müsste Ovalfräsen  heißen. Beim Fräsen entstehen keine Ellipsen  sondern Parallel-Kurven  der Ellipse, die außerhalb der Ellipse aber als Ovale anzusehen sind.

 Beim Ovaldrehen mit dem Ovalwerk entstehen  Werkstücke mit  exakt elliptischem Querschnitt. Deshalb  wäre die Bezeichnung Ellipsendrehen korrekt. Da die Ellipse ein symmetrisches Oval ist [2.2.5],  ist  die   seit  alters her verwendete, leichter zu sprechende Bezeichnung Ovaldrehen berechtigt, im Englischen ovalturning.

2.2  Vergleich Kreisdrehen und Ovaldrehen

Das Ovaldrehen zeigt gegenüber dem normalen Drehen, im  folgenden Kreisdrehen genannt, markante  Unterschiede. Sie  sind durch  die Ellipsenbewegung des Werkstückes bedingt.  Diese beeinflusst  das Zerspanen des Werkstoffes und das Führen des Drehwerkzeuges sowie die Formgebung am Werkstück.

Bild 1101 zeigt schematisch die Ellipsenbewegung. Das  elliptische Werkstück ist in 8 Stellungen dargestellt. Es wird durch diese Stellungen durch das Ovalwerk beziehungsweise durch den Ellipsen-Mechanismus der Ovaldrehmaschine geführt.  Punkt C  ist die  Schneide  des feststehenden  Werkzeuges T,  das die  Ellipse geschnitten hat. Es ruht auf der Werkzeugauflage TR. Während  die Ellipse durch ihre Stellungen läuft, bewegt sich ihr  Mittelpunkt auf einem Kreis, dessen Durchmesser der Differenz der  Halbachsen der Ellipse entspricht. Während einer halben Umdrehung der Ellipse durchläuft ihr Mittelpunkt vollständig den Kreis.

                       

 

                 




 

 Bild 1101 Ellipsenbewegung                                    Bild 1102 Zentralebene                                                                     

  Zur Erklärung weiterer Begriffe ist in Bild 1102 ein Werkstück  in Form  eines  elliptischen Zylinders  dargestellt. Es  ist an  der Planscheibe der Ovaldrehmaschine befestigt. Eingezeichnet ist die Zentralebene.  Das  ist  eine gedachte  Ebene exakt  in Höhe  der Spindelachse. Sie bildet am Werkstück die Zentrallinie. Diese ist von   Bedeutung,   weil  auf   ihr  der   schneidende  Teil   der Werkzeugschneide geführt werden muss. Hinsichtlich  der  Bearbeitung,  des  Drehens,  dieses   Zylinders bestehen   Unterschiede   zwischen der Spanabnahme auf  der Werkstück-Zylinderfläche und auf der Werkstück-Stirnfläche.
Während  beim  Kreisdrehen  die  Oberfläche  eines  zylindrischen Werkstückes  mit einer  feststehenden Werkzeugschneide  konstante Winkel bildet, verändern sich die Winkel  bei einem  elliptischen zylindrischen  Werkstück  periodisch  während  dessen  Umdrehung. Damit verändern sich auch die an  der Werkzeugschneide  wirkenden Schnittkräfte. Der Ovaldreher  muss das  bei der  Werkzeugführung beachten und das Werkzeug so führen, dass stets gute  Bedingungen für einen sauberen  Schnitt erzielt werden. Das ist  insbesondere bei Holz wichtig. Die früher bei   den Hofdrechslern  bevorzugten Werkstoffe waren Elfenbein und  Ebenholz, bei  denen wegen  ihrer isomorphen  Struktur  auch  mit  Schaben eine glatte Oberfläche erreicht werden kann.
              


Bild 1103: Veränderung des Spanwinkelsγ und des Freiwinkels α  beim Ovaldrehen

Bild  1103 zeigt  die Veränderung  der für die Spanbildung maßgebenden Winkel, des Freiwinkels α (alpha) und des Spanwinkels γ  (gamma)  beim  Schneiden an der  Zylinderfläche.  An der Stirnfläche bleiben diese Winkel konstan Ein weiterer Unterschied zum Kreisdrehen besteht darin, dass  das Werkstück  mit  periodisch wechselnder Geschwindigkeit auf die Werkzeugschneide läuft.  Folglich  ändert  sich  auch  die Schnittkraft. Das spürt der Ovaldreher am Werkzeuggriff.

Während es  beim Kreisdrehen  an einer  Stirnfläche ohne  Einfluß ist, auf welcher Linie man  die Schneide  zum Mittelpunkt  führt, weil  immer  konzentrische  Kreise  geschnitten  werden, ist  die Schnittlinie von wesentlichem Einfluss. In Bild  1104a wird die Schneide auf der Zentrallinie geführt; die  Schnittlinie ist mit der  Zentrallinie identisch.  Es entstehen  konzentrische  koaxiale Ellipsen oder "parallele" Ellipsen. Wird nicht längs der Zentrallinie geschnitten, wie in Bild 1104b, entstehen zwar auch konzentrische, aber zueinander  verdrehte  Ellipsen.  Alle  Ellipsen  haben  dieselbe Achsendifferenz. Das ist die Größe, die am Ovalwerk  einzustellen ist. Beim  Kreisdrehen hat  man in  der Mitte  einen Punkt,  beim Ovaldrehen eine Linie.


Bild 1104 Schnittlinie und Zentrallinie

Die Geschicklichkeit besteht beim Ovaldrehen darin, die  Schneide immer so genau wie möglich auf der Zentrallinie zu führen.  Schon geringe  Abweichungen  machen  sich  auf der  Werkstückoberfläche bemerkbar.  Man  erkennt  das  auf  der  Oberfläche an  gegenüber liegenden  Rillen.  Bild 1105  illustriert das. Die oberhalb  der Zentrallinie  stehende  Schneide schneidet  an  zwei   gegenüber liegenden Stellen in die zentral geschnittene Ellipse.


Bild 1105 Konzentrische, aber zueinander verdrehte Ellipsen durchdringen einander

Als technisches Hilfsmittel zum  Sichtbarmachen der  Zentralebene benutzt J. Volmer einen Lichtlinien-Projektor.